Redebeitrag der Abschiebehaftkontaktgruppe

 

Demo: Es reicht – Gegen die faschistischen Deportationspläne von AfD & Werteunion

 

 

Solidarische Grüße von der Abschiebehaftkontaktgruppe in Dresden.

 

Wir beraten seit 2018 komplett ehrenamtlich Betroffene in Abschiebehaft und machen kritische Öffentlichkeitsarbeit zu besonders krassen Einzelfällen aber immer auch zu der Institution der Abschiebehaft selbst.

 

Abschiebehaft hat aus unserer Sicht nichts in einem demokratischen Rechtsstaat zu suchen. Abschiebehaft gehört abgeschafft.

 

Und wir beraten, bis der Knast Geschichte ist!

 

Was die wichtigen Recherchen von correctiv aufzeigen ist erschreckend, aber auch nicht wirklich überraschend, oder?

 

Und die Pläne von AfD, IB und wie sie alle heißen, sind dann auch nur die radikalere Fortführung der aktuellen Abschottungspolitik.

 

Wir können und sollen uns gemeinschaftlich empören über rechtsradikale Vertreibungspläne. Aber wir sollten auch den Zusammenhang zu der „Rückkehroffensive“ sehen, die von fast allen anderen demokratischen Parteien seit Jahren gefordert wird.

 

Ja, es gibt natürlich einen wichtigen Unterschied:

 

Die Nazis wollen alle Menschen in Deutschland ohne NS-Täter*innenhintergrund aus dem Land haben, also Menschen und ihre Nachkommen, die nach 1945 zugewandert sind und am besten auch alle Menschen, die sich für Antifaschismus und Antirassismus einsetzen, also gegen die NSIdeologie.

 

Die Befürworter*innen der „Rückkehroffensive“ wollen ausreisepflichtige Menschen zurückschieben, diejenigen die Deutschland nach einer rechtlichen Entscheidung verlassen müssen. Um den Rechtsstaat durchzusetzen.

 

Aber: wer bestimmt denn den Rechtsstaat? Wer bestimmt denn, wer gerade ausreisepflichtig ist? Wenn Rechtsradikale an Macht und Einfluss gewinnen, wenn andere Entscheidungsträger*innen

 

rechtsradikale Politik übernehmen mit dem völlig absurden Ansatz, diese so bekämpfen zu wollen, wie wird dann dieser Rechtsstaat aussehen?

 

Was kommen für Gesetze durch einen Bundestag, in dem alle immer lauter Abschottung und Abschiebung fordern?

 

Wir erleben in unserer Beratung, dass der Rechtsstaat versagt, gerade dann, wenn er sich am meisten beweisen muss:

 

Im Schutz der Menschenrechte von marginalisierten Menschen entgegen politischen und gesellschaftlichen Anfeindungen.

 

Die rechtlichen Regelungen für Inhaftierung wegen Abschiebehaft werden immer weiter gelockert. Bald können Menschen 28 Tage lang eingesperrt werden, um sie abzuschieben.

 

Es braucht dafür keinen weiteren Haftgrund, wie etwa Fluchtgefahr, früheres Untertauchen, Straffälligkeit.

 

Die Ausländerbehörden könnten theoretisch fast 50.000 Menschen jederzeit einsperren lassen.

 

Das ist organisatorisch und infrastrukturell überhaupt nicht möglich, also bleibt es der Willkür der einzelnen Sachbearbeiter*innen überlassen zu entscheiden, wen sie denn gerne einsperren lassen wollen.

 

Das zuständige Amtsgericht Dresden prüft die Haftanträge kaum, und winkt alles durch.

 

Die Richter*innen gnorieren wesentliche Grundsätze des Rechtsstaates, sie kommen ihrer Amtsermittlungspflicht nicht nach, sie prüfen keine Verhältnismäßigkeit oder mildere Mittel als Freiheitsentzug, immerhin die härteste Strafe unseres Rechtssystems.

 

Die ehemalige Richterin am Bundesgerichtshof, Frau Schmidt-Räntsch schätzte, dass 85-90% der Haftanträge vor dem Bundesgerichtshof als rechtswidrig zurückgewiesen werden würden.

 

Nur kommen die wenigsten Haftanträge dort an: Weil es keine Pflichtanwält*innen gibt und weil den Amtsgerichten und Landgerichten diese Menschen egal sind und sie mitmachen im Abschiebewahn.

 

Abschiebehaft zeigt die Schwächen des deutschen Rechtsstaats. Und Abschiebehaft ist nur ein Instrument in der deutschen Abschiebepolitik.

 

Hinzu kommen Schikanen der Ausländerbehörden: Arbeitsverbote, Zwang zu Zusammenarbeit mit Botschaften terroristischer Staaten, Residenzpflicht und Wohnsitzauflagen, Verhinderung von Heiraten oder Vaterschaftsanerkennungen und alles in allem eine ständige Unfreiheit, ein Verwaltet-werden in allen Lebensbereichen, und andauernde Unsicherheit und Ohnmachtsgefühle.

 

Abschiebehaft und die Angst vor Abschiebung traumatisiert und demütigt Betroffene. Und der Rechtsstaat schützt nicht vor diesen menschenrechtsverachtenden Abschottungspraktiken, sondern er hilft sogar, sie zu verschleiern.

 

Je mehr Einfluss rechtsradikale Politik gewinnt, desto mehr wird diese Abschottung und Vertreibung unter einem rechtsstaatlichen Mantel betrieben.

 

Wir müssen also Rechtsradikalen mit ihren Vertreibungs-Fantasien entschlossen entgegen treten, das tun wir heute.

 

Aber wir müssen uns auch klar gegen jede Abschottung und Abschiebung positionieren, denn sie ist der Nährboden und die argumentative Grundlage für rechte Idiot*innen.

 

Die Antwort auf all das ins eigentlich ganz einfach: Kein Mensch ist illegal.