PM: Schließt die Abschiebehaftanstalt in Dresden! - Erster Mensch entlassen

Niedersachsen schließt Abschiebehaft, Sachsen muss folgen

In der sich ausweitenden Corona-Pandemie schließen immer mehr Länder ihre Grenzen. Abschiebungen in einige Länder, beispielsweise Italien, Rumänien oder Marokko, sind nicht mehr möglich. Dennoch befinden sich noch fünf bis acht Personen in der Abschiebungshaftanstalt in Dresden,
während ihre Abschiebung bis auf weiteres nicht durchgeführt werden kann. Die Kontaktgruppe konnte nicht abschließend klären, ob drei Personen nach Tunesien abgeschoben wurden.

 

 

Die Corona-Krise trifft marginalisierte Gruppen hart. Wohnungslose, arme Menschen, Geflüchtete, Inhaftierte. Zu letzten beiden Gruppen zählen hier in Dresden auch Betroffene von Abschiebungshaft. Aktuell befinden sich noch mindestens fünf, gegebenenfalls acht Personen in der Haftanstalt in Dresden auf der Hamburger Straße. Sie kommen nach dem aktuellen Kenntnisstand der Abschiebehaftkontaktgruppe aus Pakistan, Marokko und Russland, gegebenenfalls Tunesien.

 

 

Erste Haftaussetzung wegen der Corona-Krise in Dresden

 

 

Eine Person aus Marokko wurde heute gegen strenge Meldeauflagen aus der Haft entlassen, so entschied das Amtsgericht Dresden nach eingehender Absprache mit der Landesdirektion Sachsen,  welche die Haftverlängerung beantragt hatte und die Haftanstalt betreibt.

 

 

Youssef F. und seine Frau sind überglücklich. Sie wollen alle Auflagen einhalten und ihre gemeinsame Ausreise nach Marokko vorbereiten.

 

 

Sobald sie überhaupt nach Marokko reisen dürfen, denn: Das Land hat alle Flugverbindungen von und nach Europa bis auf Weiteres ausgesetzt und weist auch eigene Staatsbürger*innen ab. Eine Abschiebung war also gar nicht mehr möglich.

 

 

Daher ist es doch verwunderlich, wie lange die Landesdirektion und das Gericht an der Haft festhalten wollten. Geplant war eigentlich, die Haft ins Ungewisse zu verlängern, bis die Corona-Krise vorüber ist und Marokko seine Grenzen öffnet. Niemand kann sagen, wann das ist. Bis dahin hätte Herr F. in nahezu völliger Isolation in Haft bleiben sollen, denn auch Besuche sollen aktuell stark eingeschränkt werden.“, erläutert Toni Kreischen von der Abschiebehaftkontaktgruppe.

 

 

Unzulässige, menschenunwürdige Abschiebehaft

 

 

Besuche sind in der Anstalt derzeit untersagt, Rechtsberatung nur eingeschränkt möglich.

 

 

Die Landesdirektion hat bisher als Leiterin der Abschiebehaftanstalt noch keine Lösung gefunden, wie sie epidemiologischen Anforderungen gerecht werden will. Gleichzeitig ist die Rechtmäßigkeit der andauernden Haft zur Sicherung der Durchführung der Abschiebung, wenn eben diese aufgrund der Corona-Krise und geschlossenen Grenzen, höchst unsicher ist, mehr als fragwürdig. 

 

 

Abschiebehaft ist unzulässig, wenn die Abschiebung nicht sicher durchgeführt werden kann!“, stellt Kreischen klar. „Aus unserer Sicht ist es daher klar: Die Haftanstalt muss alle verbliebenen Inhaftierten entlassen und vorerst schließen.“

 

 

Damit würde Sachsen dem Vorbild Niedersachsens folgen. Das Bundesland hat gestern die Abschiebehaftanstalt in Langenhagen bei Hannover geschlossen.

 

 

Bereits im Vorfeld haben einzelne Gerichte Haftanträge abgelehnt und selbst Ausländerbehörden eigene Haftanträge zurückgenommen.

 

 

Neben Marokko hat auch Russland seine Grenzen geschlossen und erhebt in kürzester Zeit immer drastischere Maßnahmen. Und auch Pakistan als Nachbarland vom Iran, das am drittstärksten betroffene Land, verzeichnet exponentiell steigende Krankheitsfälle.

 

 

Trotz Corona-Krise: mögliche Abschiebung nach Tunesien

 

 

Noch am 18. März 2020 wurden drei Inhaftierte aus der Abschiebungshaftanstalt in Dresden abgeholt, um nach Tunesien abgeschoben zu werden, darunter ein Familienvater und ein schwer kranker Mann. Es war bei der Abholung nicht klar, ob die Abschiebung überhaupt durchgeführt werden kann. Die Kontaktgruppe hat seither keine neuen Informationen mehr einholen können.

 

 

Die Abschiebungshaftkontaktgruppe fordert Solidarität mit allen in Zeiten der Corona-Krise!


Kontakt:
Abschiebehaftkontaktgruppe Dresden
Toni Kreischen
Mail: kontakt@abschiebehaftkontaktgruppe.de
www.abschiebehaftkontaktgruppe.de